Schwarzweißfoto von zwei kleinen Jungen mit Hosenträgern und Hut vor einem Auto

Geschichte der Kindermode

Von den Anfängen bis in die Gegenwart

Geschichte ist etwas Faszinierendes, dabei kommt es gar nicht immer auf die historischen Großereignisse an, sondern vielmehr auf die Feinheiten und Details! Das Eintauchen in die Vergangenheit kann ungemein spannend sein und daher haben wir auch versucht, die Geschichte der Kindermode nachzuvollziehen; denn viele kleine Kunstwerke stehen erst im richtigen Zusammenhang im rechten Licht.

Um wieviel schöner kommt einem die heutige Kindermode erst vor, wenn man sich auch nur versucht vorzustellen, dass im Mittelalter Kleinkinder noch fest gepuckt wurden? Und das bunte Farben und Motive erst seit vergleichsweise kurzer Zeit Einzug in die Kindermode gehalten haben.
Du wirst vielleicht beim Betrachten alter Familienfotos selber staunen, wie sehr sich die Kleidung die du, deine Eltern oder deine Großeltern im Kindesalter getragen haben, von der Mode unterscheidet, die dein Sohn oder deine Tochter heute trägt. Und wer weiß, wie Menschen in 50 Jahren die heutige Zeit beurteilen werden, wenn es um den Bereich Mode oder speziell Kinderkleidung geht.
Das ist ja mit das Spannende an Geschichte, sie ist nicht statisch, sondern immer im Fluss.

Oft ist der Ausspruch: "Früher war alles besser", zu hören. Ist das wirklich so? Insbesondere bei näherer Betrachtung der Entwicklung der Kindermode, kommen da doch gewisse Zweifel auf.

Kindermode: von damals bis heute

Die Babyjahre

Über die Geschichte der Kindermode und gar der Babymode ist für die Zeit vor dem 16. Jahrhundert nur wenig bekannt.
Eine spezielle Babymode gab es im Mittelalter noch nicht. Die Kinder wurden ungefähr bis zu ihrem zweiten Lebensjahr gewickelt. Und zwar am ganzen Körper. Ausgehend von den Armen wurde der ganze Körper inklusive des Kopfes (wobei das Gesicht natürlich frei blieb) mit Windeln und Binden gewickelt, sodass die Kleinen ägyptischen Mumien nicht unähnlich sahen. Mittelalterliche Ärzte hielten nichts von bequemer Babykleidung. Ganz im Gegenteil: Die Ganzkörperwicklung würde die empfindlichen Arme und Beine der Babys schließlich schützen.

Die Kleinkinder

Über die Kleidung von Kleinkindern ist für die Zeit vor dem 16. Jahrhundert nicht allzu viel überliefert. Vielerorts war es aber üblich, dass Kleinkinder vom dritten bis etwa zum sechsten Lebensjahr lange Kleider trugen, ganz gleich ob es sich um ein Mädchen oder
einen Jungen handelte. Darüber, wie alte Bilder zeigen, gerne auch weite Umhänge oder weite Hemden je nach Witterung und ob sich die Eltern leisten konnten weitere Kleidungsstücke für ihre Kinder anzuschaffen. Kinderhosen waren in diesem Alter noch weitgehenden unbekannt. Ein Grund dafür: Viele Kinder waren bis in dieses Alter noch nicht stubenrein und konnten dank der langen Kleider unter denen sie sonst nackt waren schneller ihre Geschäfte erledigen. Normale Kinderhosen oder gar Unterwäsche hätten da nur gestört.
Das Aussehen und die Qualität der Kleidung hing sehr stark von der Stellung der jeweiligen Familie ab. Während in der adeligen Gesellschaft, vor allem an Herrscherhöfen nur die feinsten Stoffe verwendet wurden, gab es für die Kinder der einfachen Bevölkerung in der Regel nur einfachste Webstoffe. Oftmals wurden auch abgetragene Hemden des Vaters oder eines größeren Geschwisterkindes weitergegeben. Ein Vorgehen, das uns heute ja auch nicht vollkommen fremd ist.

In der Zeit zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert trugen die meisten Kinder ein bodenlanges Kleid, häufig mit einem Korsett darunter und einer Schürze darüber.
In England wurden die ersten Schritte hin zu Neurerungen im Bereich der Kindermode unternommen, ab etwa Mitte des 18. Jahrhundert trugen kleine Mädchen hier vermehrt einfache Trägerkleidchen und für Jungen gab es etwa zur gleichen Zeit die ersten einteiligen Anzüge.
In der Zeit des Biedermeier wurden bei Jungen Matrosenanzüge und Matrosenmäntel sehr beliebt. Kleinkinder trugen weiterhin das beschriebene Kleid und darüber einen Matrosenmantel - natürlich nur in den besser gestellten Schichten.

Die ersten Hosen

Erst ab etwa dem sechsten oder siebten Lebensjahr, gab es unterschiedliche Kinderbekleidung für Jungen und Mädchen. Jungen entwuchsen nun den Kinderkleidern und durften ihre ersten echten Kinderhosen tragen. Die Hosen waren in Form und Schnitt an die Hosen der Erwachsenen angelehnt.  Im Laufe der Zeit spielte im Bereich der Mode für Jungen auch die uniformierung eine immer größere Rolle: Matrosenanzüge, Kadettenunformen etc. waren gern gesehen.
Und die Mädchen? Die kleideten sich nun nach der Mode ihrer Mütter also mit Röcken, Blusen oder weiter langen Kleidern. Wobei die Mädchen aus besseren Kreisen schon in diesen jungen Jahren oft in Korsetts gequetscht wurden, da ein flacher Oberkörper als schick angesehen wurde. Dieser Trend hielt bis in das 18. Jahrhundert an, in einigen Gesselschaftsteilen sogar deutlich länger. Als die Röcke für Mädchen immer kürzer wurden, die Hochphase war sicherlich in den 1920er Jahren erreicht, kam das Mieder oder Korsett für junge Mädchen schließlich ganz aus der Mode.

Die Stoffe werden feiner

Im frühen Mittelalter war die Kleiderordnung noch sehr streng und die Kleidung bedeckte zumindest bei den Erwachsenen den ganzen Körper. Männer trugen erst Gewänder, wie die Frauen, dann Hosen oder kurze Röcke mit Strumpfhosen darunter. Seit etwa Mitte des 14. Jahrhunderts kam die Schecke, eien Art verkürzter Jacke, die zu Strumpfhosen getragen wurde, in Mode.
Frauen hatten lange, wallende Gewänder und versteckten zusätzlich ihr Haar noch unter Tüchern oder Hauben, um dem christlichen Gebot der Verhüllung nachzukommen. Erst ganz allmählich lockerte sich diese Einstellung.
Im Bereich der Mode gab es gewaltige Unterschiede nach Stand und Herkunft. Während die einfachen Leute sich nicht mehr als praktische Kleidung leisten konnten, verlangte es den Adel und die reicheren Leute nach immer feineren Stoffen und leichter zu tragender Kleidung.  
Nach dem Mittelalter wurde die Kleidung immer vielfältiger, was unter anderem daran lag, dass es neebn Wolle, Plez, Leinen und Seide eine ganze Reihe weiterer Stoffe gab, zum Besipiel Brokat und Samt.

Kleider werden freizügiger

Mit dem zunehmenden Einfluss der Bürger in den Städten, besserer Bildung etwa durch Universitäten schwand der Einfluss der Kirche auf die Menschen und damit auch auf die Mode.  Zudem hatten die in den Städten angesiedelten Handwerker, wie Tuchmacher, Färber beeinflusst von neuem Wissen und Geschäftskontakten zu anderen Regionen der Welt, immer wieder neue Ideen für Designs und Schnitte der Kleidung.
Ein gutes Beispiel frü die freizügiger werdende Kleidung ist das Höllenfenster. Frauen wie Mädchen trugen über ihrem Oberkleid (Cotte) ärmellose Übergewände, die so genannten Surcots. Cotte und Surcots waren erst weit und wallend und züchtig geschlossen, wurden im Laufe der Jahre aber immer schmaler und körperbetonter, darüber hinaus wurden die Ärmelausschnitte bei den Frauen-Surcots immer größer, bis sie - als von der Kirche gegeiselte Höllenfenster - den Blick auf fast den gesamten Oberkörper freigaben.

Farben werden bunter

Mit dem sich immer weiter verbreitenden Handel wurden Farben und Stoffe, die bislang dem Adel vorbehalten waren, auch für die reichere Bürgerschaft erschwinglich. Während die Mitglieder der Unterschicht weiterhin hauptsächlich in dunkle Leinen bzw. Woll-Stoffe gehüllt waren, gab es in den feineren Kreisen bunte Seide und farbige Stoffe, wobei durch das ganze Mittelalter hinweg die Farben rot, weiß und blau dominierten.
Adlige Jungen trugen kunstvolle Überwürfe, über dem Knie endende Kinderkleider und darunter Strumpfhosen. Die Mädchen waren meist in bodenlange Kinderröcke, Kinderkleider und Kindergewändern nach Art der Mutter gekleidet.  

An den europäischen Herrscherhöfen wurde meist nur wenig über Kosten und Mühen der Kleiderherstellung nachgedacht, dieser Trend endete auch nicht mit dem Mittelalter, sondern setzte sich lange darüber hinaus. Eine Hochphase an Prunk und Eleganz nicht nur im Bereich der Mode gabe es im ausgehenden 16. Jahrhundert. Zu bunten Stoffen gesellten sich Gold und Silber, nur die feinsten Stoffe, oftmals mit Perlen oder Edelsteinen bestickt, wurden für die Kleidung der Oberschicht verwendet.
Dieser Trend wurde auch auf die Mode für die Kinder bei Hofe übertragen, sodass die Kleinen damals in Sachen Farbe im Vergleich zu heute kaum auf etwas verzichten mussten.

Modenation Frankreich

Frankreich genießt bis heute den Ruf, die Modenation Nummer Eins zu sein. Doch woher stammt dieser Ruf eigentlich?
Der Grundstein für den hervorragenden Ruf in Sachen Mode wurde spätestens im 17. Jahrhundert gelegt. In dieser Zeit gab es verschiedene Strömungen im Bereich der Mode. Zum einen sollte die Kleidung natürlich weiterhin den Stand der Person, die sie trug, verdeutlichen. Dieser Trend wurde im 17. Jahrhundert vor allem am französischen Königshof in extremen Maßen verfolgt. Eine andere Strömung war die Lust am Neuen, nur um etwas Neues auszuprobieren und damit aufzufallen, wurden verschiedenste Kleidungsstücke getragen. Hatte diese Trend zunächst die Adeligen in Frankreich erfasst, breitet er sich nach und nach in der gesamten Bevölkerung aus. Die unteren Bevölkerungsschichten begannen nämlich damit, die wohlhabenderen Bürger nachzuahmen. Dies setzte einen neuen Prozess in Gang: Immer neue Mode musste erfunden werden, denn schließlich wollte sich der Adel und das gehobene Bürgertum weiterhin von den unteren Bevölkerungsschichten abheben.

Kinder wurden im weitesten Sinne genauso gekleidet wie Erwachsene. Kleinkinder, ob Mädchen oder Jungen, trugen meist ähnliche Kleidung. Von einer echten Kindermode kann zu dieser Zeit weder in Frankreich, noch in einem anderen Land, ernsthaft die Rede sein.

Der Einteiler für Jungen setzt sich durch

Im Zug der Aufklärung (ab 1750) kam dann Bewegung in die Kleidung der älteren Kinder. Kinderhosen, Kinderjacken, Kinderkleider wurden bequemer. Die jüngeren Mädchen mussten sich nicht mehr mit Korsetts und Miedern quälen, die ganz Kleinen durften sogar einfache Hängerkleidchen anziehen (die Unsitte des Ganzkörperwickelns war längst vorbei) und bei den Jungen setzte sich von England kommend europaweit der einteilige Anzug durch.
In vielen Schulen wurden nun Schuluniformen eingeführt und bei den Jungen der Oberschicht wurde der Kadettenanzug zum Renner, aber auch Matorsenanzüge oder dementsprechende Jacken waren sehr gefragt.
Typisch für die damalige Zeit: Mädchen in ihren langen Kleidern und Jungs im einteiligen Anzug mit Weste.

Der Seefahrer im Matrosenanzug

Vom Biedermeier bis in die Kaiserzeit  dominierte der Matrosenanzug die Kindermode  Er war das wohl typischste Kleidungsstück dieser Zeit für Jungen in England, Frankreich und Deutschland.
Es fing wohl alles damit an, dass dem späteren englischen König Edward VII. als Fünfjährigem eine Marine-Uniform angepasst wurde. Kinderjacke, Kinderhose, Kinderhemd im Marine-Look! Das passte und wurde durch das von Franz  Xaver Winterthaler gemalte Bild des damals noch kleinen Prinzen in Europa bekannt. Das Besondere an diesem Stil. Auch wenn er einer Marine-Uniform glich, war der Matrosenanzug doch der erste Kindermode-Stil, der nicht einfach herkömmlicher Erwachsenenmode nachempfunden wurde. Dabei blieb er der Nachwelt wesentlich besser in Erinnerung als sein ärgster modischer Rivale dieser Zeit, dem mit einer langen Hose kombinierten langen Kleid für Jungen. Aus dieser Zeit stammt auch die Mode von der viele junge Mädchen noch heute träumen die Mädchen (der reicheren Eltern) hatten meist kurze, weit geschnittene Kleider unter denen sie viel Rüschen und Spitzen zeigten. Und dazu auch noch eine Schürze. Später trugen auch Mädchen statt Kinderrock oder Kinderkleid ihren Matrosenanzug.

Knickerbocker

Mit der zunehmenden Industrialisierung wurde der Matrosenanzug ganz allmählich zum Auslaufmodell. Kniebundhosen, also Knickerbocker, Hemden und Gehröcke, liefen ihm bis in die Dreißiger Jahre ganz allmählich den Rang ab.
Kinder wurden gerne wie kleine Erwachsene gekleidet. Kinderjacken, Kinderwesten, Kinderschuhe und selbst Kinderhüte waren in Form und Schnitt der Erwachsenenmode angeglichen.

Natürlich trugen nicht nur kleine Jungen Knickerbocker, sondern auch erwachsene Männer und später auch Frauen. Die ursprübliche Form dieser Hose war sehr robust aus Leder gefertigt. Sie wurde vor allem von Wanderern und Bergsteigern getragen, aber auch zum Radfahren und anderen Aktivitäten im Freien. Heute ist diese Hosenform weitestgehend aus der Mode gekommen.

Jungen zeigen Bein

Nach 1945 orientierte sich die Mode in Deutschland verstärkt an den USA. Die amerikanische Sport und Freizeitmode stand Pate für viele Neuerungen. Die Schnitte der Kinderhosen wurden bis in die 60er Jahre immer kürzer. Das gängige Outfit für Jungen im Sommer: Sandalen, Kniestrümpfe, kurze Stoffhose mit oder ohne Träger, darunter Kinderhemd oder Kinderpullover.  In der Nachkriegszeit mussten viele Jungen auch im Winter kurze Hosen und Kniestrümpfe tragen, weil zunächst einfach nichts anderes da war.
Daher ist vielen Erwachsene, die damals Kind waren, diese Kleiderkombination in sehr schlechter Erinnerung geblieben.
Vielen Erwachsenen wird ein typisch deutsches Kleidungsstück ganz besonders in Erinnerung geblieben sein: die obligatorische Lederhose, die wohl jeder zweite Junge in ganz Deutschland tragen durfte bzw. musste. Für besondere Anlässe, also zum Beispiel für den Sonntagsausflug, wurden kleine wie große Jungs mit Stoffhose, weißem Hemd mit Kragen und Zweireiher-Jackett mit Logo auf der Brust, in Miniaturausgaben eines Bankers verwandelt.

Mädchenmode in Deutschland nach 1945

Kurze Jacken, Blusen, kurze Röcke, kurze Kleider und auch hier die obligatorischen Kniestrümpfe. So wuchs eine ganze Generation von Mädchen auf. Über dem Rock und der Bluse bzw. dem kurzen Trägerkleid trug das moderne Mädchen meist noch eine Strickjacke. Bei Betrachtungen von Klassenfotos und ähnlcihen Aufnahmen aus dieser Zeit, zeigt sich häufig ganz deutlich, dass es im Bereich der Kleidungsstile bei Kindern und Jugendlichen in den 50er und 60er Jahre ganz deutliche Unterschiede gegeben hat.

Während einige Kinder dunkle Kinderschuhe, Kniestrümpfe, kurze Kinderhosen, dunkle Pullunder und darunter als Farbklecks einen weißen Rollkragenpullover trugen, traten einige Mitschüler ganz anders auf: Mit langer dunkler Kinderhose aus Stoff, dunklem Langarm-Pullover und weißem Hemd. An anderen Jungen auf solchen Fotos werden die weiteren Modetrends der damaligen Zeit deutlich sichtbar. Auch legere Freizeitmode mit langer Hose und T-Shirt, die im Grundsatz auch heute noch tragbar wäre, sind zu finden. Wiederum andere Gleichaltrige tragen Knickerbocker oder Wanderhose, Trachtenjacke und Pullover oder Lederhose, Trachtenhemd und Rollkragen-Pullover. Diese Unterschiede sind vor allem in den 50er Jahren auf die unterschiedliche wirtschaftliche Situation der Familien zurückzuführen.

Im Bereich der Mädchenmode dominierten zunächst Röcke, Kleider und Blusen. Hosen für Mädchen gab es zwar, doch zunächst wurden sie als zu wenig weiblich angesehen und konnten sich kaum durchsetzen. Nach und nach wurden diese starren Regel aber immer weiter aufgeweicht, sodass vor allem in den 60er Jahren auch immer mehr Mädchen Hosen trugen.